Die Weisheit der Traditionen

Aus dem Buch “Zellnahrung” von Catherine Shanahan

Was macht gute Ernährungsformen aus?

Die Ernährung von der Insel Okinawa, die Mittelmeerküche, vor allem aus Italien und aus Frankreich lässt die Menschen dort lange und gesund leben, obwohl ihr Speiseplan reichhaltig und genussorientiert ist. Die Menschen in Japan, die viel Fisch und frisches Gemüse essen und die Menschen im Mittelmeerraum, die Milchprodukte und Lebensmittel essen, die in Olivenöl schwimmen, erfreuen sich einer stabileren Gesundheit und schreiben dies selbst ihrer Ernährung zu, obwohl beide sich sehr unterschiedlich ernähren. Das liegt daran, dass die Menschen die Nährstoffe zu sich nehmen, die ihr Körper braucht, um gesund zu bleiben und sich jung zu fühlen, indem sie unterschiedliche Lebensmittel verzehren, die allerdings vom Nährwert her gleich sind.

Unsere Gesundheit liegt einer höheren Ordnung zugrunde, Krankheit ist kein Zufall. Wir werden krank, wenn unsere Gene einmal zu oft nicht das bekommen, was sie brauchen. Die Informationen unserer Gene geben wir über unser Erbmaterial an unsere Kinder weiter.  

Vielen ist das fetale Alkoholsyndrom bekannt, eine Entwick-lungsschädigung beim Kind, verursacht durch Alkoholkonsum während der Schwangerschaft. Ähnliche Entwicklungsschädi-gungen können durch eine Mangelernährung während der Schwangerschaft oder frühen Kindheit verursacht werden. Egal wie alt man ist, wenn man die genetischen Erwartungen erfüllt und den Körper angemessen mit allen Nährstoffen versorgt, wird die eigene Gesundheit, aber auch die Fruchtbarkeit sowie die Geburt gesunder Kinder gefördert.

Was wir essen, beeinflusst uns nicht nur bis in unsere Gene, sondern unser äußeres Erscheinungsbild wurde teilweise von den Lebensmitteln mitbestimmt, die unsere Eltern und Großeltern vor Generationen aßen, oder nicht aßen. Zudem gibt es äußere Einflüsse, die den normalen Ablauf der genetischen Funktion stören können. Diese können in zwei große Kategorien unterteilt werden: Toxine und unausgewogene Ernährung. Toxine sind schädliche Stoffe und Verbindungen, die wir essen, trinken oder einatmen können oder die sogar im Körper produziert werden und sich dort anreichern, etwa wenn wir übermäßig gestresst sind. Eine unausgewogene Ernährung bedeutet normalerweise einen Mangel: fehlende Vitamine, Mineralstoffe, Fettsäuren oder sonstige Grundbausteine, die für die gesunde Funktion unserer Zellen benötigt werden.

Die Idee, Einfluss auf die Gesundheit der Nachkommen zu haben, ist keine neue Idee. Früher erfolgte die Fortpflanzung nicht so beiläufig wie heute, weil gesunde, leistungsfähige Menschen für das langfristige Überleben der Gemeinschaft gebraucht wurden. Durch systematisches Ausprobieren erkannten die Menschen, dass Paare, in deren Ernährung bestimmte Lebensmittel fehlten, Kinder mit „Mängeln“ zur Welt brachten. Sie lernten, welche Lebensmittel die Geburt erleichtern, welche ruhigere, intelligentere Kinder hervorbrachte, die schnell wuchsen und selten krank wurden. Alle erfolgreichen Kulturen haben diese Wissensbibliothek gesammelt, ergänzt und weitergegeben. Sie wurde als Teil religiöser Leitlinien verwahrt und in Zeremonien beachtet.

Einige traditionelle Ernährungsformen gelten als die gesündesten Ernährungsweisen der Welt. Sie alle sind verschieden, haben aber ihre Gemeinsamkeiten in den enthaltenen Nährstoffen und darin, dass die Nahrungsmittel soweit es geht, unverarbeitet und ursprünglich bleiben.

Jede Verbesserung, die Sie sich für Ihren Körper wünschen (in Aussehen oder Gesundheit), können Sie über Ihre Ernährung herbeiführen, da sie direkt auf Ihre Gene Einfluss nimmt. Vielleicht wünschen Sie sich einen Körper mit mehr Ausstrahlung, eine bessere Gesundheit, mehr Sportlichkeit oder eine positivere Geisteshaltung? All dies hängt von gesunden Genen ab, die keinesfalls unveränderlich sind. Die Epigenetik hilft uns zu verstehen, dass man sich das Genom wie ein dynamisches Lebewesen vorzustellen hat, das wächst, lernt und sich immer neu anpasst. Sie haben vielleicht gehört, dass die meisten Krankheiten auf zufälligen Mutationen oder „schlechten“ Genen beruhen, die Epigenetik sieht das anders. Wenn Sie eine Brille brauchen oder an Krebs erkranken, können Sie trotzdem absolut normale Gene haben. Es liegt jedoch eine Fehlfunktion der Gene vor, die als Genexpression bezeichnet wird. So wie wir krank werden können, wenn wir nicht gut für uns sorgen, können auch unsere Gene krank werden.

Epigenetiker studieren, wie unsere Gene auf unser Verhalten reagieren und sie haben festgestellt, dass praktisch alles, was wir essen, wie wir denken, atmen oder was wir tun, direkt oder indirekt Auswirkungen auf die Gene hat und deren Leistungsfähigkeit beeinflussen kann. Diese erworbenen Zustände werden in die nächste Generation weitergegeben, wo sie sich verstärken können.

Essen ist für uns heutzutage eine Art angereicherter Treibstoff, Kalorienquelle und Vitaminträger gleichermaßen, der Krankheiten vorbeugt. Die Völker früherer Zeit hingegen verstanden Lebensmittel als etwas Heiliges und das Essen galt als ein heiliger Akt. Unsere Gene treffen von Tag zu Tag ihre eigenen Entscheidungen, basierend auf den chemischen Informationen, die sie aus den Lebensmitteln erhalten, die wir verzehren. Einer Information, die in unserem Essen kodiert ist und von dem Ursprung des jeweiligen Lebensmittels bestimmt wird. In diesem Sinne ist die Nahrung weniger ein Treibstoff als eine Sprache, die Informationen aus der Außenwelt ins Körperinnere überträgt. Diese Informationen verändern unsere Gene zum Besseren oder Schlechteren. Durch beständiges Versorgen des Körpers mit einer Nahrung, die die optimale Genexpression fördert, kann eine genetische Funktionsstörung behoben und damit so gut wie jede Krankheit geheilt werden.

 

Catherine Shanahan untersuchte 15 Jahre lang, wie Nahrung die Gene programmiert und wie sich diese Programmierung physiologisch auswirkt. Als Wichtigstes hat sie gelernt, dass die Nahrung übersteuertes Verhalten der Gene sehr viel zuverlässiger regulieren kann als die Biotechnologie.

Ihre eigenen ungesunden Gene waren es, die sie ins Medizinstudium trieben. Sie litt seit Beginn ihrer sportlichen Karriere in der Highschool unter einer Entzündung der Achillessehne, dann unter einer Schleimbeutelentzündung im Fersenbein, dann unter einer Bandreizung des Tractus iliotibialis. Später an der Uni kam ein schweres Schienbeinkastensyndrom (Shin-Splint-Syndrom) hinzu, das so schlimm wurde, dass sie nicht mehr trainieren konnte. Der Arzt konnte ihr nicht helfen und sie war sich sicher, dass es etwas gab, was sie tun konnte und verdächtigte einen Nährstoffmangel. Sie nahm an, dass die Zellen ihres Bindegewebes möglicherweise keine gesunden Sehnen produzieren konnten. Sie belegte jeden angebotenen Kurs zum Thema Genetik, gab ihr Chemiestudium auf und wechselte zum Medizinstudium.

Leider wurde ihr Forscherdrang dort ausgebremst, da den Medizinstudenten nicht beigebracht wurde, der Ursache auf den Grund zu gehen, sondern wie Symptome behandelt werden. 

Die Autorin begann bei ihrer Ernährung anzusetzen, die zu diesem Zeitpunkt schon länger von hohem Zuckerkonsum und viel Fertiggerichten geprägt war. Sie aß fett- und cholesterinarm, wusste wie man Kalorien zählt und wäre alleine nicht auf die Idee gekommen, dass ihre Ernährung mit dem Problem zu tun haben könnte. Sie wälzte „alternative“ Bücher über Nährstoffe, Fette und die Ernährung von Ureinwohnern, die dem meisten, das sie im Medizinstudium gelernt hatte, widersprachen. Völlig neu war ihr auch der Ansatz einer Autorin, die sich in ihrem Artikel eher auf die Gesundheit, als auf die Krankheit konzentrierte. Alle Texte stimmten darin überein, dass die gesündesten Familienmitglieder verschiedener Völker, vielfach die Ältesten sind, die noch mit einer deutlich anderen Nahrung aufgewachsen sind als ihre Urenkel. Auch wurde überall tierisches Fett als gesund bezeichnet, obwohl sie auf der Uni zwei Dinge gelernt hatte: Gesättigte Fette lassen den Cholesterinspiegel ansteigen, und ein hoher Cholesterinspiegel ist eine einschlägige Todesursache.

Nach langer Recherchearbeit verstand sie, dass die aktuell gelehrte Ernährungswissenschaft voller Widersprüche war und auf Vermutungen basierte, die teils von Forschern aus anderen Wissenschaftsbereichen als falsch nachgewiesen werden konnten. Entgegen der Meinung heutiger medizinischer Autoritäten, schienen gesättigte Fettsäuren und Cholesterin durchaus gute Nährstoffe zu sein. In den letzten 50 Jahren wurden Lebensmittel mit diesen Nährstoffen verdammt (z.B. Eier, frische Sahne, Leber), um sie durch fettarme oder nahezu künstliche chemische Produkte zu ersetzen. Diese Ersatzprodukte, etwa die an Transfetten reiche Margarine, haben unseren Genen die chemischen Informationen vorenthalten, die sie zum gesunden Funktionieren brauchen. Allein die Tatsache, Eier und grobe Wurst (diese wurde ursprünglich mit Milchsäure als Starterkultur anstelle von Nitraten zubereitet und enthielt Stückchen von weißem Knorpelgewebe) als Frühstücksbestandteile zu streichen und durch ein kaltes Müsli zu ersetzen, führte dazu, dass Generationen von Kindern weniger Fett, B-Vitamine und Kollageneiweiß zu essen bekamen, als für ein optimales Wachstum nötig gewesen wäre.

Genetischer Reichtum

Entgegen der Annahme der Menschen in der westlichen Welt überlebten die indigenen Völker der Vergangenheit nicht nur mit Müh und Not, sie waren durchaus nicht dürr und ausgehungert. Ihr Leben drehte sich zwar primär um die Nahrungssuche, darin waren sie jedoch deutlich besser als wir heute in der Lage, nährstoffreiche Lebensmittel in unseren Alltag zu integrieren. Durch eine Anreicherung des Bodens zogen sie nährstoffreichere Pflanzen. Durch das Füttern ihrer Tiere mit Produkten von gesunden Böden züchteten sie gesündere Tiere, die ihrerseits nährstoffreichere Milch und Fleisch lieferten. Und da sich in verschiedenen Körperteilen eines Tieres verschiedene Nährstoffe anreichern, genossen sie die Fülle der Nähstoffvielfalt, indem sie jedes essbare Teil des Weideviehs sowie ihrer Jagdbeute verzehren.

Der Wissenschaftler Weston A. Price untersuchte zu Beginn des 20. Jahrhun-derts die Ernährung indigener Völker. Er stellte fest, dass die Lebensmittel der primitiven  Volksgruppen zum Teil mindestens das Vierfache der erforderlichen Mindestmenge an Mineralstoffen enthielt, während die kommerziellen Ersatz-lebensmittel, die weitgehend aus Weißmehlprodukten, Zucker, poliertem Reis, Konfitüre, Konserven und Pflanzenfetten es nie geschafft haben, auch nur die Mindestanforderungen zu erfüllen. Die Nahrung der Inuit enthielt 5,4-mal so viel Eisen, 7,9-mal so viel Magnesium, 1,5-mal so viel Kupfer, 8,8-mal so viel Jod und mindestens das Zehnfache an fettlöslichen Vitaminen. Er stellte außerdem fest, dass die Inuit sehr gesund waren, es gab nie einen Fall von böswilligen Erkran-kungen. Er hörte ein Inuitkind nie schreien, außer es hatte Hunger oder war durch die Anwesenheit von Fremden verängstigt. Sie hatten keine Probleme mit dem Zahnen. Eine Entbindung erfolgte fast schon lächerlich einfach im Freien, bei der Frauen einen Schal nehmen und sich entweder allein oder von einem Familienmitglied begleitet ins Gebüsch zurückziehen und ihr Kind zur Welt bringen. Es gab keinen einzigen Fall von Arthritis und die Menschen waren sehr vital bis ins hohe Alter.

Viele Patienten der Autorin zeigen Symptome, die Folge einer schlechten Ernährung sein könnten. Eine angemessene Vitaminversorgung lässt sich jedoch leider nicht so einfach kontrollieren, bei einigen Nährstoffen, wie z.B. Vitamin K, haben wir noch nicht einmal definiert, was „normale“ Spiegel sind. Und es kann sein, dass Sie keinen essenziellen Nährstoff im Blut haben und dennoch als jemand gelten, der eine adäquate Menge verzehrt hat. Und da viele Nährstoffe in der Leber und im Gewebe gespeichert werden, kann, selbst wenn die Blutwerte in Ordnung sind, im ganzen Körper doch zu wenig davon enthalten sein. Was kann man also tun, um auch heute noch die Nährstoffe zu bekommen, die man braucht?

Man könnte einen Garten anlegen, Obst und Gemüse anhand des Geruchs auswählen (nicht anhand des Aussehens) und tierische Produkte von Bauernhöfen kaufen, die ihre Tiere artgerecht halten – auf der Weide, draußen in der Sonne. 

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Unser Körper ist an eine weit reichhaltigere Nährstoffversorgung gewöhnt, als wir ihm Tag für Tag zuführen. Dazu kommt, dass unser Nährstoffbedarf heute wahrscheinlich nochmal deutlich höher ist, als damals. Ein weiterer Faktor ist, dass sich unsere Vorfahren noch wesentlich mehr um die Herstellung und das Sammeln und Haltbarmachen der Lebensmittel kümmerten, als wir heute. Sie beschäftigten sich intensiver mit der Essenszubereitung. Es wurde sich viel mehr darum gekümmert, welche Lebensmittel in bestimmten Gebieten und in bestimmten Lebensabschnitten am geeignetsten waren. Um z.B. eine leichte Entbindung zu gewährleisten, ergänzten viele Kulturen die Ernährung vor der Empfängnis und während der Schwangerschaft mit Fischeiern und Innereien, die viele fettlösliche Vitamine, Vitamin B12 und Omega-3-Fettsäuren enthalten, sowie besondere Getreidesorten, die gezielt wegen ihres hohen Mineralstoffgehalts kultiviert wurden.

Heute versäumen wir es, das Wichtigste anzureichern und zu schützen, von dem das Leben und die Gesundheit aller abhängt: den Boden. Wir züchten Tiere unter unangemessenen und ungesunden Bedingungen und vergiften ihre Körper mit Medikamenten. Auch die Tierhaltung auf der Weide garantiert noch nicht, dass der Körper des Tieres nach der Schlachtung vollständig genutzt wird. In Amerika und Europa wird meist nur das Muskelfleisch verzehrt. Getreide – selbst wenn es auf gesundem Boden gewachsen ist – wird viel zu oft so verarbeitet, dass die wichtigsten und empfindlichsten Nährstoffe leiden.